Grunderwerbsteuer: Neue Regelungen zu Anteilsübertragungen

Foto: B&PTim Wöhler ist B&P Kolumnist und Fachanwalt für Steuerrecht bei Dierkes & Partner || Foto: B&P

Von Rechtsanwalt  Tim Wöhler, Fachanwalt für Steuerrecht, Partner

Der Gesetzgeber hat nach einer längeren Unterbrechung des Gesetzgebungsverfahrens Änderungen des Grunderwerbsteuergesetzes beschlossen. Die Änderungen werden zum 1. Juli 2021 in Kraft treten und die bestehenden Regelungen verschärfen. Im Mittelpunkt der Gesetzesänderungen stehen die sogenannten Share-Deals: Statt eine Immobilie direkt zu kaufen, erwirbt der Käufer Anteile an einer Gesellschaft, die Eigentümerin der Immobilie ist. Erwarb der Käufer dabei bisher weniger als 95 Prozent der Unternehmensanteile, konnte nach bisheriger Gesetzeslage die Grunderwerbsteuer gespart werden.

Dieses Gestaltungsmodell wird mit der Gesetzesänderung erheblich unattraktiver. Zum einen wird die beim Erwerb von Anteilen an grundbesitzhaltenden Personen- und Kapitalgesellschaften relevante Beteiligungshöhe auf 90 Prozent abgesenkt. Grunderwerbsteuer kann also grundsätzlich nur noch dann vermieden werden, wenn der Neugesellschafter weniger als 90 Prozent der Anteile erwirbt. Zum anderen wird es nunmehr erst nach zehn statt bisher fünf Jahren möglich sein, die beim Altgesellschafter verbliebene Minderheitsbeteiligung zu erwerben, ohne dass Grunderwerbsteuer anfällt.

Vollkommen neu ist ein Ergänzungstatbestand für Kapitalgesellschaften, der erstmalig die Konstellationen erfasst, bei denen nicht nur 90 Prozent oder mehr der Anteile in einer Hand vereinigt werden, sondern unabhängig von einzelnen Beteiligungsquoten auch mindestens 90 Prozent aller Anteile innerhalb von zehn Jahren auf neue Gesellschafter übergehen. Diese Vorgänge fingieren die Übertragung von Grundbesitz auf eine neue Kapitalgesellschaft und lösen Grunderwerbsteuer aus. Wird die 90-Prozent-Grenze erreicht, wird Grunderwerbsteuer zu 100 Prozent erhoben. Dies gilt auch für Personengesellschaften. Die personenbezogenen Steuerbefreiungen nach den Paragraphen 5 und 6 GrEStG sind jedoch weiterhin nur für Personengesellschaften anwendbar. Und auch hier kommt es zu Verschärfungen: Die bisher für eine Steuerbefreiung erforderlichen Fristen werden ebenfalls von fünf auf zehn Jahre verlängert, in bestimmten Konstellationen sogar auf 15 Jahre.  

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Ab 90 Prozent kann es teuer werden

Mit Paragraph 1 Abs. 2c GrEStG wird eine (entschärfende) sogenannte Börsenklausel aufgenommen, wonach für an nach dem WpHG zugelassenen Börsen gehandelte Kapitalanteile die 90-Prozent-Schwelle nicht berücksichtigt werden soll. Von der Gesetzesänderung betroffen sind nicht nur reine Immobiliengesellschaften, sondern alle Gesellschaften, die Eigentümerin mindestens auch eines Grundstücks sind. Grundsätzlich fällt nun bei einer Anteilsübertragung von mindestens 90 Prozent Grunderwerbsteuer an.

Vor dem Hintergrund der nun beschlossenen Änderungen sind die bisher schon geltenden Anzeigepflichten des Steuerpflichtigen noch einmal besonders hervorzuheben: Die Anzeigepflichtigen haben einen grunderwerbsteuerrelevanten Vorgang innerhalb von zwei Wochen, nachdem sie Kenntnis davon erlangt haben, dem zuständigen Finanzamt anzuzeigen, und zwar auch dann, wenn der Vorgang von der Besteuerung ausgenommen ist. Die Begrenzung der Höhe eines Verspätungszuschlags auf 25 000 Euro für Zwecke der Erfüllung der Anzeigepflichten gilt bereits nicht mehr.

Für die Praxis ist daher zu empfehlen, sich zeitnah mit den geänderten Schwellenwerten und Haltefristen auseinanderzusetzen. Die Finanzverwaltung hat bereits angekündigt, diese in Betriebsprüfungen vermehrt in den Fokus zu nehmen. Es ist zu erwarten, dass die Übertragung von Anteilen an grundbesitzenden Gesellschaften zukünftig deutlich häufiger Grunderwerbsteuer auslösen wird als bisher. Beabsichtigte Anteilsübertragungen sind daher rechtzeitig anhand der Gesetzesänderungen zu prüfen, um keine Überraschungen durch Grunderwerbsteuer zu erleben.

Fragen an den Autor: twoehler@dierkes-partner.de

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