„Warum soll ich da noch hingehen?

Stationärer Einzelhandel unter Druck: Corona ist eine existenzielle Bedrohung für die Innenstädte – Der große B&P-Report.

Wer hat schon Spaß, an Packpapier vorbeizulaufen? Diese rhetorische Frage, gestellt bei der jüngsten B&Pimpact- Runde zur Situation der Stadtzentren in Pandemiezeiten, umreißt das aktuelle Problem: Die City-Lagen in den Mittelzentren Stade, Buxtehude, Buchholz, Winsen und Lüneburg sowie Harburg zeigen ganz eindeutig, wie sehr der stationäre Einzelhandel unter Druck geraten ist, seit Lockdowns und Kontaktbeschränkungen vor zwei Jahren alles auf den Kopf stellten, was bisher als erprobt und bewährt erschien. Corona hat die durch Amazon & Co. eingeleitete Erosion des Einzelhandels massiv beschleunigt und wirft damit die Frage nach neuen Konzepten für die Innenstädte auf. Gesucht wird die Antwort auf diese Frage: „Warum soll ich da noch hingehen?“

Allein in Lüneburg, mit historischer Altstadt und vielen kleinen inhabergeführten Geschäften eigentlich ein Shopping-Hotspot im Süden Hamburgs, stehen derzeit mehr als
30 Läden leer. Auch in Buxtehude und Stade, ebenfalls attraktive Altstadt-Ziele, hat Corona den Einzelhandel stark getroffen. Einschränkungen bei den Öffnungszeiten tun ein Übriges. Diese drei Mittelzentren haben aufgrund ihrer historischen Bausubstanz noch die besten Chancen, eine erfolgreiche Transformation weg vom Shopping-Ziel hin zum „Treffpunkt Innenstadt“ zu schaffen – so zumindest ein Ergebnis der Expertenrunde, die sich auf Einladung von B&P in Buxtehude einfand. Kurz vor Redaktionsschluss startete in Winsen gar ein Ideenwettbewerb unter dem Titel „Innovation statt Leerstand“. Zu gewinnen: eine kostenlose Ladenfläche in der Innenstadt – für ein Jahr . . .

Erstaunlich: Harburg ist bislang mit einem blauen Auge davon gekommen, denn die Innenstadt hat bereits einen jahrzehntelangen Wandel hinter sich. Corona macht sich dem Vernehmen nach allerdings in den großen Einkaufszentren bemerkbar. Dort stehen derzeit mehr Läden leer als gewohnt. Perspektivisch geht es nun darum, neue Konzepte für die Innenstadtlagen zu finden. Prof. Thomas Krüger von der Hafencity-Universität Hamburg stellte in Buxtehude einige Beispiele vor, wie dem Zerfall der alten Strukturen zu begegnen ist. Der Harburger Immobilienexperte Heinrich Wilke schlägt in dieselbe Kerbe und kritisiert den mangelnden Wohlfühlcharakter der Innenstädte.

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Der stationäre Einzelhandel ist nicht nur hart durch Corona betroffen, sondern bereits seit einigen Jahren durch den Online-Handel bedroht. Wie sich das eine mit dem anderen verbinden lässt, zeigt der Hollenstedter Unternehmer Andreas Kirschenmann beispielhaft mit seinem Gastroback-Konzept-Store in Lüneburg. Der Inhaber der gleichnamigen Marke für Küchen-Elektrogeräte verzahnt den stationären Handel mit den digitalen Vorteilen und sammelt als Präsident der IHK Lüneburg-Braunschweig im direkten Kundenkontakt zugleich wertvolle Fronterfahrungen.