Die neue Strenge der Banken

Stephan Willhaus Foto: B&P

„Harburgs urbane Mitte“ – von Stephan Willhaus.

In der Kolumne „Harburgs urbane Mitte“ geht es eigentlich um Fragen der Stadt­entwicklung und um die Ideen des Wirtschaftsvereins für den Hamburger Süden. Insbesondere in städtebaulichen Fragen ist
Heinrich Wilke im Wirtschaftsverein der gefragte Immobilienspezialist. Das Thema Finanzen spielt – unter dem Aspekt der Harburger Stadtplanung – aber eine indirekte, dennoch derzeit entscheidende Rolle. Hierzu ein Beitrag.

Die Gespräche mit der Bank unseres Vertrauens sind seit Kurzem wieder etwas anstrengender: Weiterhin hohe Bestandspreise und gestiegene Neubaupreise bei deutlich gestiegenen Zinsen verschlechterten die Rendite der Immobilieninvestitionen. Zu allem Übel hat die Bundesregierung dann über ihre Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) auch noch die Fördermöglichkeiten erheblich reduziert oder ganz abgeschafft. Insbesondere die Kurzfristigkeit, in der das passiert ist, hat bei allen Beteiligten sehr viel Vertrauen zerstört. Zahlreiche Neubauprojekte, aber auch Ankäufe waren schlicht und ergreifend nicht mehr rentabel und wurden entweder zurückgestellt oder ganz von der Tagesordnung genommen.

Und wer sich auf der anderen Seite der Bilanz bewegte, wurde immer wieder mit dem lästigen Thema der Negativzinsen konfrontiert. Die Zinsen scheinen sich auf einem deutlich höheren Niveau als zu Jahresbeginn einzupendeln, aber jetzt kommen die nächsten weniger schönen Nachrichten um die Ecke: Die Banken werden ihre Kreditvergabebedingungen weiter verschärfen.

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Seit Anfang des Jahres haben die deutschen Kreditinstitute ihre Standards weiter verschärft, wie aus einer Umfrage der EZB aus Juli dieses Jahres hervorgeht. In erster Linie begründen die Banken dies mit dem gestiegenen Kreditrisiko, aber auch die eingetrübten Aussichten auf dem Immobiliensektor spielen dabei eine Rolle.

Zudem zieht die Nachfrage nach Krediten für Betriebsmittel und zur Vorratshaltung durch die Unternehmen an. Aus den Erfahrungen der Lieferkettenunterbrechungen während der Pandemie und des
Ukraine-Krieges ist der Aufbau eines größeren Lagerbestandes auch unternehmerisch nachvollziehbar.

Bei den Banken kommt aber das eine zum anderen. Sie bewerten deshalb stärker die Persönlichkeit und die Erfahrungen der Unternehmer. Der „track-record“, wie es so schön auf Neudeutsch heißt, gewinnt zunehmend an Bedeutung. So ganz neu ist das nicht. So wurde auch früher schon zwischen der „materiellen“ und der „persönlichen“ Kreditwürdigkeit unterschieden und erst, wenn beides „passte“, wurde der Kredit vergeben. Vielleicht war insbesondere im Immobilienbereich die persönliche Kreditwürdigkeit in den Hintergrund getreten, weil „der Markt es schon gerichtet hat“. Diese Zeiten sind erst einmal vorbei.

Parallel zu den sich verschärfenden Kreditvergabebedingungen bemängeln zwei Drittel aller befragten Banken laut einer Studie von Rene Reif Consulting in Zusammenarbeit mit der TU München, dass nahezu jeder zweite Kreditantrag unvollständig ist. Die Anforderungen der Banken an die Dokumentation steigen und erschweren zunehmend die Kreditaufnahme für die mittelständische Wirtschaft. Das liegt auch daran, dass in der jüngeren Vergangenheit zahlreiche junge Firmen auf den Markt gekommen sind und insbesondere kleinere Firmen nur selten Kreditanträge stellen mussten. Sie haben daher vielfach gar nicht mitbekommen, wie sich die Anforderungen verändert haben. Eine professionelle Unterstützung oder Beratung kann dann zielführend sein.

Ein Änderungsprozess in der Kommunikation ist jedenfalls auf beiden Seiten notwendig. Die Banken müssen deutlicher machen, warum sich welche Anforderungen geändert haben oder zeitnah ändern werden. Gleichzeitig muss auf Kundenseite die Bereitschaft steigen, in die überzeugende und professionelle Darlegung des eigenen Konzeptes und der eigenen Stärke zu investieren. Auch und vielleicht gerade, wenn man sich schon so lange kennt.

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π Stephan Willhaus ist neben Heinrich Wilke Geschäftsführer der Imentas Immobilienpartner GmbH – mit dem Schwerpunkt Finanzierungs- und Unternehmensberatung.

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willhaus@imentas.de