Die Würde der Verstorbenen steht an erster Stelle

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Ab sofort können Trauernde bei den Feuerbestattungen Stade wieder angemessen Abschied nehmen – Allein 140 Covid19-Fälle im Januar

Die Feuerbestattungen Stade haben zwei Eingänge – vorne für Trauernde, an der Seite für Bestatter. Vorne ist es still geworden seit Weihnachten. Der Trauerraum, in dem vor Corona bis zu 50 Personen einen Verstorbenen ein letztes Mal in ihrer Mitte spürten, ist verwaist. Die blauen, roten und gelben Stühle im Café blieben leer. Niemand teilte bei Butterkuchen oder Kehdinger Hochzeitssuppe Erinnerungen an die oder den Verstorbenen. Und im Übergaberaum gaben nur ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin des Krematoriums einem verstorbenen Menschen das letzte Geleit, wenn der Sarg auf einer Schiene langsam angehoben wurde und dann in die Einäscherungskammer einfuhr. Jetzt ist es wieder möglich, einem Verstorbenen im kleinen Kreis von bis zu fünf Teilnehmern das letzte Geleit zu geben. Alternativ oder begleitend bietet das Unternehmen auch die virtuelle Teilnahme an.

„Es ist vielen Menschen wichtig, bis zum Ende bei einem Verstorbenen zu sein“, sagt Svend-Jörk Sobolewski, Geschäftsführer der Feuerbestattungen Stade. So ist es ihm ein Anliegen, dass sich Angehörige und Freunde auch bei Feuerbestattungen vom Verstorbenen verabschieden können – wenn sie es wünschen und so wie sie es wünschen. Schon bei der Eröffnung des Krematoriums vor mehr als 20 Jahren wollten Sobolewski und seine Partner weg von der reinen technischen Abwicklung einer Einäscherung, sondern hin zum persönlichen Abschied.

„Wir waren gut vorbereitet“

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Am zweiten Eingang läuft der Betrieb fast normal wie immer. Die Bestatter fahren vor, Mitarbeiter laden die Särge aus und bringen sie in den Kühlraum. Das Covid-19-Schild an einzelnen Särgen im Kühlraum lässt erahnen, dass sich etwas verändert hat. Sobald ein Bestattungsfahrzeug mit einem Covid-Verstorbenen vorfährt, ziehen sich die Mitarbeiter Einmal-Schutzanzüge, Einmal-Handschuhe und Sicherheitsschuhe an. Sie setzen sich eine FFP2-Maske und eine geschlossene Schutzbrille auf. So gibt es das Robert-Koch-Institut vor. Sie desinfizieren die Oberfläche des Sarges und transportieren ihn erst danach in den Kühlraum. 2020 haben sie 194 Covid-Verstorbene eingeäschert, 140 waren es allein im Januar dieses Jahres.

„Wir waren gut vorbereitet“, sagt Svend-Jörk Sobolewski. Anfangs, als die ersten Corona-Fälle in Deutschland bekannt wurden, hatten er und sein Team sich intensiv gefragt, was auf sie zukommen könnte, „bis hin zur Frage, ob wir Kühlcontainer benötigen“. Sie bestellten ausreichend Schutzmasken und so viel Desinfektionsmittel, dass sie Überschüsse später an Bestatter weitergeben konnten.

Vieles war aus dem Winter 2017/18 bekannt. Damals starben bundesweit rund
25 000 Menschen an der Grippe. Ohnehin ist es in Wintermonaten normal, dass das Team oft statt in zwei Schichten in drei Schichten arbeitet und rund um die Uhr Verstorbene einäschert. „Wir haben gut ausgebildete Mitarbeiter, die ruhig und respektvoll gegenüber den Verstorbenen reagieren, auch wenn es schwierig wird“, sagt Svend-Jörk Sobolewski. So ärgert es ihn, wenn er im Fernsehen Bilder wie die aus Krematorien aus Sachsen sieht, wo Särge im Trauerraum gestapelt werden. Solche Bilder ängstigten Angehörige und erschütterten das Vertrauen in einen würdevollen Abschied. Die Würde der Verstorbenen zu wahren, sei für sein Team oberstes Gebot.

Fünf Trauergäste sind erlaubt

Trauernde, die Verstorbene bis zum Feuer begleiten, ahnen nur, dass sich hinter dem künstlerisch gestalteten Portaltor ein Hightech-Etagenofen verbirgt. Auf zwei Etagen verbrennt der Körper jeweils eine Stunde lang. Die Abgase strömen in eine hallenhohe Filteranlage. Die gleichmäßig hohen Temperaturen und die Filter senken den Ausstoß von Kohlenmonoxid, Staub, Kohlenstoff, Dioxinen und Furanen auf ein Minimum, das weit unter den gesetzlichen Grenzwerten liegt, die in der 27. Bundesimmissionsschutzverordung definiert sind.

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Die Pandemie zwingt zur Distanz. Abschied nehmen, kurz bevor der Sarg dem Feuer übergeben wird – das durften bei der Feuerbestattung Stade von Mai bis Dezember 2020 nur höchstens fünf Trauernde. Für die Zeit des Lockdowns hatte man sich dann entschieden, keine Gäste mehr im Haus zu begrüßen. Basierend auf dem Hygienekonzept ist es nun wieder möglich, der Einäscherung im kleinen Kreis beizuwohnen.

Gerade bei größeren Gesellschaften kann die Teilnahme bei Einäscherung oder Trauerfeier über den Passwort-geschützten Live­stream eine gute Alternative bieten. Das hieße: Teilnahme der Angehörigen ohne physische Anwesenheit.

>> Web: www.cremtec.de