So reagiert Lindemann auf das Ende des Bau-Booms

 DAS GUMMI-SCHMIDT-AREAL: Nach einem Insolvenzantrag in 2017 wurde der Geschäftsbetrieb der „Gebrüder Schmidt Gummiwarenfabrik“ 2018 an der Freiburger Straße in Stade auf die New-York Hamburger Gummi-Waaren Compagnie AG (NYH AG, Lüneburg) übertragen und der Betrieb als gesonderter Betriebsteil fortgeführt. Der Ge￾werbebetrieb in Stade wurde im Sommer 2022 endgültig eingestellt. Den Grund- und Immobilienbesitz hat eine Gesellschaft der Lindemann-Gruppe übernommen, die auf der innenstadtnahen Liegenschaft bereits ein neues Quartier realisiert. Die Fläche be￾trägt rund einen Hektar. Der Abbruch der alten Gebäude ist erfolgt, jetzt gilt es, den B-Plan durch die Instanzen zu bringen. Lindemann arbeitet dazu eng mit der Stadt zu￾sammen. In dem neuen Quartier sollen nach derzeitigem Stand etwa 150 Wohnheiten für alle Generationen entstehen. Der Baubeginn ist für Ende 2025/Anfang 2026 avisiert. Foto: Lindemann

B&P VOR ORT Geschäftsführer Friedrich Witt über den Standortvorteil im Landkreis Stade, Hemmnisse durch Bürokratie und aktuelle Projekte

Die Lage auf dem Immobilienmarkt ist angespannt, aber es gibt regionale Unterschiede. Friedrich Witt, Geschäftsführer der J. Lindemann GmbH & Co. KG in Stade, beobachtet beispielsweise eine „sehr interessante Wanderbewegung“ von der Stadt aufs Land. Er sagt: „Viele Hamburger Kunden zeigen ein Rieseninteresse.“ Diese Entwicklung gab es zwar schon, bevor Putin die Ukraine überfiel und damit unter anderem die aktuelle Energiekrise auslöste, aber offenbar ist der Landkreis immer noch im Fokus der Bau- und Kaufwilligen. Dafür hat Witt eine Erklärung: „Die Immobilienpreise im Landkreis Stade sind relativ konstant – wir hatten keinen so überhitzten Markt, wie ihn die Hamburger und das direkte Umfeld zu spüren bekamen.“

Trotz allem hat das Bauen auch bei Neubauten im Stader Bereich seinen Preis. In der Hansestadt Stade sind mittlerweile Baupreise von 5000 Euro pro Quadratmeter üblich, und selbst in Horneburg müssen sich potenzielle Bauherren auf 4800 Euro einstellen. Tendenz steigend. Bei diesen Rahmenbedingungen werden private Eigenheimträume schon mal in der Schublade versenkt – mit einem Effekt, den Friedrich Witt so beschreibt: „Wir kriegen einen absoluten Mietermarkt. Denn während selbst in schlechten Hamburger Lagen bereits 16 bis 18 Euro pro Quadratmeter bezahlt werden müssen, liegen wir hier im Landkreis noch bei 13 Euro. Ein erheblicher Unterschied, der dafür sorgt, dass Wanderbewegungen anhalten, auch wenn es nicht um Wohneigentum geht. Das birgt aber auch eine Gefahr: Wir müssen aufpassen, dass das Wohnen auch im Landkreis bezahlbar bleibt, was bei steigenden Baukosten, steigenden Zinsen und dem Wegfall der Förderkulisse nicht wirtschaftlich umsetzbar ist. Der Druck auf den Mietermarkt wird zunehmen. Eine Balance zwischen Baukosten und Miete ist bei diesen Rahmenbedingungen kaum herzustellen.“

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Der Stader Bauunternehmer hat das traditionelle Geschäft längst weiterentwickelt und mit dem „Lindemann 360-Grad-Konzept“ die ganzheitliche Betrachtung der Immobilie inklusive Inflation, Steuer und allen anderen Rahmenbedingungen zum Standard erklärt: „Wir finden für jeden Käufer eine individuelle Lösung. Wir sind flexibel und schaffen Sicherheit.“ Und das in herausfordernden Zeiten: „Die Gesamtlage ist schwierig. Auch für Menschen, die im Alter ihr Haus gegen eine seniorengerechte Eigentumswohnung tauschen möchten. Wir erleben einen massiven Wertverlust bei Häusern aus den 60er-Jahren und zugleich soll jeder Neubau nachhaltig errichtet werden.“

Das 360-Grad-Konzept

Und weiter: „Hinzu kommen erhebliche Hemmnisse durch eine überbordende Bürokratie. Deshalb müssen wir neue Rahmenbedingungen für das Bauen schaffen. Um es mal auf den Punkt zu bringen: Wenn wir aufhören zu bauen, dann hat das einen Domino-Effekt mit weitreichenden Folgen auch auf andere Wirtschaftszweige. Das sollten sich auch die Entscheider in Politik und Verwaltung vor Augen führen. Zurzeit ist der Einfamilienhaus-Bau quasi tot. Wir brauchen eine Lösung für die Bauwirtschaft!“

Friedrich Witt ist allerdings durch und durch Unternehmer und gewohnt, nach vorn zu schauen. Insbesondere der Landkreis Stade kann sich aus seiner Sicht positiv entwickeln: „In zwei Jahren kommt die A26. Ich glaube, der ganze Süderelbe-Bereich hat jetzt eine große Chance, zur Wohnstadt von Hamburg zu werden. Wir punkten mit dem Wohnen im Grünen.“

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