Darum ist das Pankreaskarzinom so gefährlich
Entgegen der landläufigen Meinung, dass der menschliche Körper ohne die Bauchspeicheldrüse nicht überlebensfähig ist, liegen die Gründe für die hohe Mortalitätsrate woanders. Dr. Stinner: „Wir könnten die Bauchspeicheldrüse tatsächlich sogar komplett entfernen, aber die Problematik ist vielschichtig. Zum einen liegt das Organ sehr weit hinten im Körper – man kommt also nicht ohne weiteres heran. Das ist aber operationstechnisch lösbar, jedoch ebenso wie die Diagnostik durch die Gastroenterologen sehr anspruchsvoll. Das eigentliche Problem: Die Bauchspeicheldrüse ist eng eingebettet zwischen den Organen und durchzogen beziehungsweise umgeben von einem engen Geflecht aus Gefäßen, Nerven und Lymphbahnen. Entfernt man die Drüse vorsichtig, bleibt das Problem der sehr dichten Verbindung zu diesen Strukturen, große Sicherheitsabstände gesunden Gewebes gibt es oft nicht. Eine Biopsie als letzte Bestätigung der Diagnose ist ebenfalls nicht ratsam, da die Bauchspeicheldrüse sehr sensibel reagiert und sich schnell entzündet, wenn sie zu hart angefasst wird. Punktieren bringt oft kein sicheres Ergebnis. Zusätzlich erschwert wird die Situation dadurch, dass der Krebs zumeist bereits weit fortgeschritten ist, bevor er erkannt wird. Das heißt: Das umliegenden Gewebe und benachbarte Organe sind zumeist ebenfalls betroffen.“
Pankreas-Operationen dauern zwischen drei und sechs Stunden. Der Chirurg muss sich dazu durch den Körper vorarbeiten, den „Magen hochklappen, den Dickdarm herunterklappen“, um dann hinter der Milz und vor der Bauchschlagader an die Bauchspeicheldrüse heranzukommen. Stinner: „Diese Operation ist sehr aufwendig und fordert auch die Patienten sehr – in der Regel brauchen sie eine ganze Woche, um sich davon zu erholen.“
Durch die OP, bei der im besten Fall befallene Teile der Drüse entfernt werden können, oder eine Tumorreduktion durch eine ambulante Chemotherapie (Tabletten und/oder Infusion) kann eine Lebensverlängerung erreicht werden, die je nach Fall auch über gewisse Strecken beschwerdefrei sein kann. Die Chef-ärzte wissen aus eigener Erfahrung, dass der Lebenswille des Patienten einen entscheidenden Einfluss hat. Wer aufhört zu kämpfen, hat bereits verloren. Stinner: „Aber der Weg bis zum Aufgeben ist lang.“
Betroffen, aber nicht gelähmt
Das Pankreaskarzinom ist nicht nur für die Patienten eine starke Belastung, auch an den Ärzten, die die schlechte Nachricht überbringen müssen, geht die Diagnose nicht spurlos vorbei, wie alle vier bestätigen. Dr. Stinner: „Na klar ist das eine belastende Situation. Für uns gilt: Man darf betroffen sein, aber nicht gelähmt. Der Patient erwartet zu Recht, dass der behandelnde Arzt professionell seine Arbeit macht und ihm hilft so gut es irgend geht.“ Dr. Joachim Pelz und sein Stader Kollege Dr. Jan Konturek sind als Gastroenterologen und Internisten häufig in der Rolle des Nachrichtenüberbringers. Pelz: „Das muss gut vorbereitet sein, so eine Diagnose erteilt man nicht mal eben auf dem Flur.“ wb