WLH-Geschäftsführer Jens Wrede: „Weiteres Arbeitsplatz­potenzial schaffen“

100 Tage im Amt: WLH-Geschäftsführer Jens Wrede über seine Schwerpunkte im Landkreis Harburg, den Technologie-Park in Buchholz und das Verhältnis zu den Nachbarn

Mit Jens Wrede hat die WLH Wirtschaftsförderung im Landkreis Harburg GmbH seit Anfang des Jahres einen neuen Geschäftsführer, der nun antritt, die von seinem Vorgänger, Wilfried Seyer, angeschobenen Entwicklungen zu realisieren und zugleich neue Schwerpunkte zu setzen. Wrede, Jahrgang 1965, ist seit 15 Jahren als Wirtschaftsförderer in Norddeutschland unterwegs, arbeitete für die Süderelbe AG, Hamburg Invest und die egeb Entwicklungsgesellschaft Brunsbüttel. Zuletzt war er Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Wesermarsch GmbH. Zu seinen Zielen gehört die Reduzierung der Pendlerströme durch die Ansiedlung neuer Unternehmen und die Schaffung hochqualifizierter Arbeitsplätze. Mit Jens Wrede sprach B&P-Redakteur Wolfgang Becker.

Sie sind jetzt 100 Tage im Amt – sind Sie im Landkreis Harburg gut angekommen?
Ja. Ganz hervorragend. Ich bin im Landkreis Harburg schon zu Hause, auch weil ich sehr viel Familie hier habe. Und aus meiner Zeit als Mitarbeiter der Süderelbe AG gibt es eine ganze Reihe Kontakte zu Unternehmen und Projektpartnern.

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Sie haben sich in Ihrem Berufsleben viel mit Hafenthemen befasst, wird Ihnen das Wasser hier fehlen?
Grundsätzlich ist der Landkreis ja zwischen Heide und Elbe, wir haben sogar weitläufiges Marschgebiet und den Hafen in Stöckte. Anfang März hatten wir bereits eine Veranstaltung des Maritimen Clusters Norddeutschland bei uns gehabt, die uns zeigte, wie viele maritime Unternehmen hier ansässig sind, zum Beispiel Zulieferungsbetriebe aus den Bereichen Steuerungstechnik und Navigationselektronik.

Sie haben hier ein gut bestelltes Feld vorgefunden, trotzdem führt so ein personeller Wechsel immer auch zu Veränderung. Was liegen Ihre Hauptschwerpunkte?
Wir haben bei der WLH fünf Arbeitsfelder, an denen sich auch nichts ändern wird: Ansiedlung, Gewerbeflächenentwicklung, Existenzgründung, Innovation und Standortmarketing. Mein Schwerpunkt liegt zunächst beim Schwerpunkt Innovationsmanagement. Die Stärkung der Zusammenarbeit mit den Hochschulen ist mir sehr wichtig. Wir haben immer noch zu wenige Arbeitsplätze im hochqualifizierten Bereich.

Das ist ja auch der Tenor bei den Überlegungen, die dem in Buchholz geplanten Technologie- und Innovationspark TIP zugrunde liegen . . .
Ja, die Ergänzung durch den Nordheide-Campus soll dazu führen, dass wir Forschung & Entwicklung für Unternehmen bieten können. Was nicht heißen soll, dass wir hier eine Universität gründen wollen – das ist derzeit nicht möglich und auch nicht das Ziel. Vielleicht wird der Arbeitstitel TIP zukünftig auch zum TechPark Nordheide ausgebaut.

Wie weit sind die Gespräche mit den universitären Partner gediehen?
Es gibt acht Kooperationspartner – drei Universitäten und fünf Forschungseinrichtungen aus Niedersachsen und Hamburg. Die
sehr unterschiedlichen Inhalte der getroffenen Kooperationsvereinbarungen wollen wir mit Leben erfüllen. Dazu gibt es eine Auftaktveranstaltung am 6. Mai. Dann starten wir in die nächste Phase.

Sind Sie auf der Immobilienseite auch schon vorangekommen?
Wir rechnen mit einem Bebauungsplanbeschluss durch den Buchholzer Stadtrat noch vor der Sommerpause. Wenn alles so läuft, wie wir uns das vorstellen, dann könnte nach dem Sommer mit der Erschließung begonnen werden. Dafür haben wir grob ein Jahr kalkuliert.

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Sehen Sie Bereitschaft im Landkreis Harburg, weitere Gewerbeflächen bereitzustellen. Und wenn ja, brauchen wir die überhaupt?
Zu beiden Fragen ein klares Ja. Es gibt ein hohes Interesse bei den Kommunen. Unbenommen davon, ob wir als WLH solche Projekte umsetzen. Aber der Druck von ansässigen Unternehmen, die mehr Flächen einfordern, ist in der Breite durchaus zu spüren. Wenn wir zumindest einen Teil unserer Pendler hier im Landkreis halten wollen, dann brauchen wir weitere Flächen für Unternehmen.

Wie sieht für Sie das Gewerbegebiet der Zukunft aus?
Auf jeden Fall nicht wie eine Ansammlung großer Hallen. In Zeiten des 3D-Drucks, kleiner Lagerhaltung und der Just-in-time-Belieferung werden Produktionsstandorte heute immer kleiner. Ein zweiter Punkt: Auch Büroflächen gehören in Gewerbegebiete. So entstehen verdichtete und hochwertige Arbeitsplätze. Da geht es letztendlich hin. Hohe Lebensqualität, die wir im Landkreis Harburg in vielen Bereichen bieten, bedingt übrigens auch kurze Wege zur Arbeit. Deshalb bleibt die Schaffung von Arbeitsplätzen vor Ort das oberste Ziel. Dazu zählt auch, Arbeitsplätze durch mangelnde Erweiterungsmöglichkeiten für Unternehmen nicht zu verlieren.

Wie sehen Sie die WLH im Umfeld der direkten Nachbarschaft – also die Wirtschaftsförderer in Stade, Lüneburg und Hamburg?
Auf jeden Fall kooperativ. Natürlich hat jeder ein großes Interesse, etwas für seine jeweilige Region zu tun, aber das heißt nicht, dass wir in einem harten Wettbewerb stehen. Wir können durchaus auch etwas zusammen machen. Eines muss aber allen klar sein: Am Ende entscheidet das Unternehmen, wo es sich ansiedeln möchte. Um potenzielle Unternehmen überhaupt zu erreichen, hilft ein gemeinsamer Auftritt aber ungemein.

Gilt das auch für Hamburg?
Das gilt auch für Hamburg! Hamburg ist eine Chance, aber auch eine Herausforderung. Wir müssen neben so einer großen Stadt bestehen, profitieren aber auch von den Wertschöpfungsketten, die sich aus den Hamburger Aktivitäten ergeben. Vor 20 oder 30 Jahren wäre es nicht denkbar gewesen, dass hochqualifizierte oder gar wissensbasierte Arbeitsplätze ins Umland abwandern, aber schauen Sie die Situation heute an: Selbst Hamburg will seinen gesamten Wissenschaftsbereich nach – für Hamburger Verhältnisse – draußen, nämlich nach Bahrenfeld verlagern. Von dort sind es noch 15 Minuten nach Rosengarten oder Buchholz. Eine gute Zeit, um sich an dem Ende zu positionieren.