Wie man das Schrauben digitalisiert 

Gemeinsam für eine digitalisierte Bildungswelt: Karl-Günther Lessow (von links), Thomas Greve und Nicola Peschke vom Common-Swift-Projektteam mit Andreas Weingart, Abteilungsleiter für Berufsbildung und Technik bei der Hamburger Kfz-Innung. Foto: Tobias Pusch

Weiterbildungsprojekt „Common Swift“ soll Kfz-Ausbildung umkrempeln.

Lebenslanges Lernen, Weiterbildung, Digitalisierung: Das sind zunächst einmal Schlagworte – manchmal sogar nur Worthülsen. Doch ein Projekt in Hamburg setzt diese Begriffe nun ambitioniert und ganz konkret um. Profitieren sollen davon kleine und mittlere Unternehmen (KMU) aus der Metropolregion Hamburg, wie zum Beispiel Unternehmen aus dem Kfz-Handwerk. Um was geht es genau? Vor Kurzem hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Programm „Aufbau von Weiterbildungsverbünden” aufgelegt, welches das Thema Digitalisierung zum Inhalt hat. Deutschlandweit werden 53 Weiterbildungsverbünde gefördert. Auch das Hamburger Unternehmen zwei P Plan:Personal gGmbH – kurz: zwei P – ist mit dem Verbund „Common Swift“ Teil des Programms.

In einer ersten Kooperation wird nun die Innung des Hamburger Kfz-Handwerks bei der Digitalisierung der Ausbildung begleitet. „Mir war schon länger klar, dass wir unseren Unterricht anpassen müssen. Die Autoindustrie ändert sich rasant, im Vergleich zu früher finden ständig Technologiesprünge statt, die man mit den klassischen Unterrichtsmethoden nicht mehr abbilden kann“, sagt Andreas Weingart, Abteilungsleiter für Berufsbildung und Technik bei der Innung. Lehrbücher würden schnell veralten, zudem stünden – Beispiel E-Mobilität – teilweise gar nicht genügend Lehrfahrzeuge und Diagnose-Computer zur Verfügung, um die neuen Techniken zu erlernen. „Wir müssen also zusehen, dass wir nicht nur die bisherigen Inhalte vermitteln können, sondern auch die neuen, die sich zudem noch dynamisch weiterentwickeln.“

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VR-Brillen im Einsatz

Ein Anwendungsbeispiel sei der Einsatz von VR-Brillen. „Wenn man die aufsetzt, kann man den digitalen Zwilling eines Fahrzeugs erkunden, also ein digitales Abbild des Autos. Das erzeugt ein ganz anderes Verständnis von den Lehrinhalten als der klassische Frontalunterricht“, sagt Raphael Kammer, Unternehmensberater (WeForm) und Projektpartner von Common Swift. „Es geht außerdem auch immer mehr um das Organisieren von Wissen, also darum, die Inhalte im Unternehmen zu sichern, transparent zu machen und bereitzustellen, statt einfach immer nur das alte Wissen mit neuem Wissen zu überschreiben“, ergänzt er.

Zudem gibt es einen Paradigmenwechsel, wie Dr. Thomas Greve ergänzt. Er ist Co-Projektleiter beim Hamburg Centre of Aviation Training – Lab (HCAT+), einem aus dem Luftfahrtcluster Hamburg Aviation kommenden Verein, der sich der Themen Bildung und Qualifizierung angenommen hat. Er gehört ebenfalls dem Common-Swift-Team an. „Wissen veraltet heute schnell, deswegen setzt man vermehrt auf Kompetenzen. Und das erfordert wiederum völlig anderes Lernen.“ Aktuell sei Weiterbildung noch sehr klassisch aufgestellt. „Aber sie muss sich wandeln und dafür sind Experimentierräume wichtig.“

„Wenn man sich all diese Herausforderungen anschaut, dann wird schnell klar: Die Kfz-Branche, die sich aktuell so dynamisch entwickelt, ist ein perfektes Beispiel dafür, wieso auch die Ausbildung digitalisiert werden muss“, sagt Nicola Peschke, die Leiterin des Common-Swift-Teams. „Das Bundesministerium beabsichtigt mit dem Programm, dass sich Deutschland an die neuen Gegebenheiten anpasst und sich zu einer Weiterbildungsnation entwickelt.“

Kostenfreies Angebot für KMU

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„Unsere Leistung ist dank der Bezuschussung des Bundes und der Stadt Hamburg für die Unternehmen kostenfrei. Wir dokumentieren unsere Erkenntnisse aus der Zusammenarbeit mit

dem Kfz-Handwerk sorgfältig, damit auch andere Branchen und Weiterbildungsanbieter daraus lernen können“, sagt Karl-Günther Lessow, ebenfalls Mitglied im Common-Swift-Kernteam.

Die kostenfreie Beratung bedeutet allerdings nicht, dass die KfZ-Innung für die Transformation keinerlei Mittel vorhalten muss. „Wir planen hier mit einem ordentlichen sechsstelligen Betrag, um die benötigten Materialien und Geräte anzuschaffen“, sagt Weingart. Und das nur für den ersten Testballon. „Wenn das Projekt erfolgreich ist, werden wir es ausweiten. Bedarf gibt es genug, aktuell haben wir allein in Hamburg etwa 1000 Kfz-Azubis.“

Doch mit den anstehenden Kosten wird die Innung nicht allein gelassen. Nicola Peschke: „Entstehen in der Begleitung Bedarfe nach Technologie oder Weiterbildung, dann schauen wir gemeinsam, welche passenden Lösungen es gibt und welche Fördermöglichkeiten vorhanden sind. Das Ziel von Common Swift ist, dass der Wandel nicht nur eine schöne Idee bleibt, sondern auch nachhaltig gelingt.“ top

>> Web: http://common-swift.de/