Da kommt was auf uns zu…

B&P-BUSINESSTALK bei SKNvonGeyso: Die Arbeitsrechtler Ingolf F. Kropp und Aylin Rommel-Oruç über neue Gesetze und wegweisende Entscheidungen.

Der Grat zwischen Schutz und Schikane im deutschen Arbeitsrecht ist schmal – und kommt die EU ins Spiel, wird er manchmal noch schmaler. Was das im Einzelnen bedeutet, führen der erfahrene Arbeitsrechtler Ingolf F. Kropp von SKNvonGeyso und seine junge Kollegin Aylin Rommel-Oruç im B&P-BusinessTalk aus – ein Podcast mit B&P-Redakteur Wolfgang Becker. Die speziellen Themen aus 2022 und perspektivisch 2023: das Nachweisgesetz, die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, das drohende Arbeitszeiterfassungsgesetz (siehe auch Interview Seite 2) und ein verschärfendes EuGH-Urteil zur rechtzeitigen Anzeigepflicht noch ausstehender Urlaubstage durch den Arbeitgeber gegenüber seinen Arbeitnehmern. Vier Themen, die es in sich haben.

 Das Nachweisgesetz regelt die Eckpunkte eines Arbeitsvertrages, wie Kropp sagt: „Das waren bisher zehn Positionen, die beachtet werden mussten. Dann machte die EU weitere Vorgaben und die hat der Gesetzgeber nun nach drei Jahren umgesetzt. Zum einen wurden weitere Positionen hinzugefügt, zum anderen sind Sanktionen festgesetzt worden. Das Gesetz war bislang ein zahnloser Tiger, aber nun werden bei Verstößen bis zu 2000 Euro Bußgeld fällig. Der deutsche Gesetzgeber ist zudem deutlich über die EU-Vorgaben hinausgegangen und fordert die Schriftform, das heißt: ein Papier mit einer echten Unterschrift. Noch ein Punkt: Bisher musste der Arbeitsvertrag binnen Monatsfrist vorgelegt werden, jetzt innerhalb eines Tages.“ Darüber hinaus können Arbeitnehmer ohne schriftlichen Arbeitsvertrag diesen nun einfordern – wozu der Arbeitgeber sieben Tage Zeit hat. Außerdem muss er den Vorgang dokumentieren.

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 Eine neue Regelung, die nur für gesetzlich Versicherte gilt, betrifft die Krankmeldung. Kurz: Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wird eingeführt. Aylin Rommel-Oruç: „Der Arbeitnehmer hat die Pflicht, sich gegenüber seinem Arbeitgeber krank zu melden und spätestens nach drei Tagen den Arzt aufzusuchen. Der übermittelt die Daten an die Krankenkasse. Die wiederum stellt die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung online bereit. Und nun muss der Arbeitgeber diese abrufen. Damit verschiebt sich das Risiko vom Arbeitnehmer auf den Arbeitgeber. Letzterer hatte bislang ein Leistungsverweigerungsrecht, wenn ihm keine Krankmeldung vorgelegt wurde. Nun ist er selbst dafür verantwortlich.“ Viele Arbeitgeber sind aufgrund dieser neuen Regelung in großer Sorge, wie die Arbeitsrechtlerin sagt. Es reiche schon ein Schreibfehler im Namen, um eine Fehlermeldung beim Abruf auszulösen. „Das ist ein erheblicher Aufwand. Es ist zu erwarten, dass gerade große Unternehmen da besonders gefordert werden – dort muss im Grunde eine Person abgeordnet werden, um sich ständig um einen fehlerlosen Datenfluss zu kümmern.“