„Es steht uns nicht zu, über den Fachkräftemangel zu jammern“

Mittlerweile arbeiten DP-Angestellte auch in Celle, in Rostock, in Neuss und demnächst vielleicht sogar in Heidelberg. Alles eine Folge von digitalen Prozessen, leistungsfähigen Datenleitungen und den Kommunikationsmöglichkeiten über MS Teams & Co. Grafik: AdobeStock

So reagiert Dierkes Partner auf den angespannten Arbeitsmarkt –Überraschend: Das Homeoffice als Expansionsmodell.

M itarbeitergewinnung und -bindung – das ist das größte und wichtigste Thema, mit dem sich die Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Anwälte von Dierkes Partner derzeit befassen. Mit welchen Maßnahmen die Kanzlei auf den Fachkräftemangel reagiert und welche Auswirkungen die „neue Arbeitswelt“ auch auf einen traditionellen Berufszweig hat, darüber sprach Steuerberater Hans-Peter Schubert, geschäftsführender Partner bei DP, mit Business & People. Er berichtet über eine Branche am Anschlag, die Vorteile der Digitalisierung und eine unerwartete Geschäftsentwicklung.

„Wenn wir mal ehrlich sind: Unser Berufsstand hat doch immer zu tun. Wenn es der Wirtschaft gut geht, sind wir gefordert. Wenn es der Wirtschaft schlecht geht, sind wir auch gefordert.“ Diese ehrliche Kurzanalyse von Hans-Peter Schubert trifft es auf den Punkt. Er bestätigt, was viele seiner Berufskollegen beklagen: einen hohen Arbeitsaufwand, der manche Kanzlei an die Grenzen der Kapazität bringt. Der Druck kommt dabei von mehreren Seiten – ein hohes Maß an steuerrechtlichen Regularien, Krisenstimmung in vielen Unternehmen, der Mangel an geeigneten Fachkräften und die Abwerbungsversuche von Headhuntern. Schubert: „Es vergeht kaum ein Tag, an dem unsere Mitarbeiter nicht angesprochen werden. Eine Pest!“ Schubert: „Für Quereinsteiger ist unser Berufsfeld nicht geeignet. Wir brauchen ausgebildete Fachkräfte. Und die sind immer schwerer zu finden. Bei Dierkes Partner haben wir darauf reagiert. Zum einen haben wir den Ausbildungsbetrieb stark hochgefahren – in der Hoffnung, dass wir darüber Mitarbeiter finden, die bleiben. Zum anderen haben auch wir Mandatsbereinigungen vorgenommen und vergeben neue Mandate nur, wenn unsere Vorgaben zur Digitalisierung voll erfüllt werden. Die Software liefern wir.“ Kurz: Die Zeit des Schuhkartons, in dem die Belege für die Buchhaltung abgegeben werden, sind absolut vorbei. Allerdings sind nach wie vor kleine Mandate mit Routinetätigkeiten willkommen, da DB Ausbildungsbetrieb ist und das gesamte Spektrum bieten will.

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Das Ende des Schuhkartons

Dierkes Partner hat sich komplett auf die neue Arbeitswelt eingestellt. Schubert: „Die Digitalisierung begann schon vor der Pandemie, hat aber durch Corona einen großen Schub erfahren. Heute bieten wir unseren Mitarbeitern vielfältige Möglichkeiten und große Freiheiten. Wenn die Bandbreite stimmt, können wir von überall arbeiten. Wann die Arbeit erledigt wird, bestimmen unsere Mitarbeiter selbst. Homeoffice ist selbstverständlich. Ich sage ganz offen: Wer heute darüber klagt, dass er keine Mitarbeiter findet, der muss sich zu allererst selbst fragen, was er verändern sollte. Ich bin überzeugt: Es steht uns nicht zu, über den Fachkräftemangel zu jammern. Die Probleme liegen oft in den Unternehmen. Wer niemanden findet, ist nicht attraktiv genug.“

„Wo ist das Problem?“

Schubert ist sogar bereit, Mitarbeiter auch dann zu halten, wenn sie beispielsweise im Zuge der Elternzeit umgezogen sind. Mittlerweile arbeiten DP-Angestellte auch in Celle, in Rostock, in Neuss und demnächst vielleicht sogar in Heidelberg. Alles eine Folge von digitalen Prozessen, leistungsfähigen Datenleitungen und den Kommunikationsmöglichkeiten über MS Teams & Co. Schubert: „Corona war echt Mist, hat aber an vielen Stellen ein Umdenken ausgelöst. Davon profitieren wir heute und können Mitarbeiter halten. Wir müssen ihnen ja nicht über die Schulter schauen, wir gucken nur auf das Ergebnis.“ wb

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