Wandel-Wahnsinn auf dem Arbeitsmarkt

Corinna HoreisCorinna Horeis Diplom- Kauffrau und Personal­beraterin || Foto: Horeis Consult

Von CORINNA HOREIS, Diplom- Kauffrau und Personal­beraterin.

Gehören Sie zu den „Einen“, die sich vor Veränderungen schützen und den Wandel am Markt ignorieren? Oder zu den „Anderen“, die den Wind für Antrieb und Fortschritt nutzen? Wandel ist eine dauerhafte Konstante, mit der sich Unternehmen und Arbeitgeber auseinandersetzen müssen, um die eigene Position am Markt weiterzuentwickeln, zu festigen oder gar auszubauen. Wandel ist für die „Einen“ mit Vorbehalten und Ängsten verknüpft und für die „Anderen“ mit Innovation und Aufbruch. Der Wandel auf dem Arbeitsmarkt bedingt durch die negative demografische Entwicklung, den technologischen Fortschritt, unter anderem durch Digitalisierung und künstliche Intelligenz, die Veränderungen im Beschäftigungsverhältnis, den Zuwachs ausländischer Arbeitskräfte und die rechtlichen Vorgaben (zum Beispiel Arbeitszeiterfassung, Anhebung des Mindestlohns, Einführung einer Vier-Tage-Woche) ist unaufhaltsam und stellt Arbeitgeber immer wieder vor neue Herausforderungen.

Trotz einer Rekordbeschäftigung von 46 Millionen Erwerbstätigen und 2,6 Millionen Arbeitslosen, bleiben zwei Millionen Stellen offen. Es scheint paradox, dass händeringend allerorten Personal gesucht wird, obwohl die Beschäftigung ein Rekordniveau erreicht hat. Paradox erscheinen die Personalengpässe auch angesichts der Tatsache, dass sich die Wirtschaft rezessiv entwickelt und immer noch mehr als 2,6 Millionen Menschen arbeitslos sind. Das Personaldilemma wird dadurch verschärft, dass die Zahl der Menschen, die dem Arbeitsmarkt grundsätzlich zur Verfügung stehen, jedes Jahr alterungsbedingt um bis zu 400 000 Personen schrumpft – wenn es nicht gelingt, dies durch Zuwanderung und steigende Erwerbsbeteiligung von Frauen und Älteren auszugleichen. Zusätzlich gibt es das Dilemma, dass die offenen Stellen in vielen Fällen nicht zu denjenigen Personen passen, die arbeiten können und wollen. Ursachen dafür sind unter anderem, dass sich Arbeitssuchende und Arbeitsplätze nicht am selben Ort befinden, dass Qualifikationen oder Berufswünsche nicht zu den offenen Stellen passen, dass Arbeitsbedingungen und Entlohnung der offenen Stellen nicht attraktiv genug sind und dass Arbeitssuchende und Betriebe aufgrund fehlender Markttransparenz nicht zusammenkommen.

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Trotz aller Unwegsamkeit und Hindernisse lohnt sich Wandel. Es wird allerdings nicht nur den einen Königsweg geben, der aus dem Dilemma herausführt. Eine mehrgleisige Strategie wird notwendig sein, um sich als attraktiver Arbeitergeber zu positionieren, sich abzuheben und auf sich aufmerksam zu machen. Unter den circa 3,6 Millionen Unternehmen in Deutschland kann man schon mal übersehen werden – insbesondere von potenziellen Arbeitssuchenden. Sichtbarkeit als Arbeitgeber ist eine Schlüsselkomponente, um keine oder zumindest weniger offene Stellen zu verzeichnen als die Mitbewerber.

Weitere Komponenten in der mehrgleisigen Strategie sind gute und flexible Arbeitsbedingungen, faire Entlohnung, Weiterentwicklung von Qualifikationen, transparente Kommunikation, Zusammenarbeit, Diversität sowie Chancengleichheit und vieles mehr. Die aufgelisteten Punkte sind keine Neuheiten, sondern lange bekannt. Auf dem Arbeitsmarkt ist es bereits 10 nach 12! Es ist Zeit anzufangen. Anzufangen, Maßnahmen zu entwickeln, die Arbeitgeber authentisch nach innen und außen vertreten, um als attraktiv wahrgenommen zu werden. Zu viele Unternehmen verstecken sich in ihrer Rolle als Arbeitgeber noch immer hinter den hochgezogenen Mauern, um darauf zu warten, dass sich die Bedingungen zu ihren Gunsten verbessern. Die Bedingungen wandeln sich, doch die Mauer muss selbst durchbrochen werden, damit es besser wird.

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