„Der genossenschaftliche Gedanke trägt uns“

Der Vorstand der Volksbank Lüneburger Heide eG im Gespräch mit B&P: Cord Hasselmann (links) und Gerd-Ulrich Cohrs. Foto: VBLHDer Vorstand der Volksbank Lüneburger Heide eG im Gespräch mit B&P: Cord Hasselmann (links) und Gerd-Ulrich Cohrs. Foto: VBLH

Auf einen Kaffee mit Cord Hasselmann und Gerd-Ulrich Cohrs, Vorstand Volksbank Lüneburger Heide eG

Sie haben beide einen familiären Hintergrund in der Landwirtschaft, fühlen sich dem genossenschaftlichen Gedanken tief verbunden und treten gemeinsam an, die Volksbank Lüneburger Heide eG in wirtschaftlich guten Zeiten so aufzustellen, dass die Herausforderungen durch verändertes Kundenverhalten und digitale Produkte auch künftig erfolgreich gemeistert werden: Gerd-Ulrich Cohrs und Cord Hasselmann. Als Vorstand einer Bank, die sowohl im ländlichen Raum als auch in den Städten ihres Geschäftsgebietes präsent ist, suchen Hasselmann und Cohrs nach dem richtigen Weg in die Zukunft und haben dabei eine differenzierte Antwort gefunden.

Cohrs: „1987 prophezeite mir ein Professor während des Studiums, dass die Volksbanken seiner Meinung nach in fünf bis zehn Jahren vom Markt verschwunden sein würden. Diese These taucht regelmäßig im Zehn-Jahres-Rhythmus wieder auf – zuletzt im Zusammenhang mit der Bankenkrise 2008 und jetzt wieder mit Blick auf die Digitalisierung. Aber ich kann sagen: Der genossenschaftliche Gedanke trägt uns. Wir sind durch und durch mitglieder- und kundenorientiert – und das wird honoriert.“ Statt abzubauen, füllten Volksbanken und Sparkassen während der Krise plötzlich die Vertrauenslücke in Deutschland auf, die Lehman & Co. in die weltweite Bankenlandschaft gerissen hatten. Die volksnahen Finanzdienstleister gingen eher gestärkt aus der Krise hervor.

75 000 Mitglieder

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Die Volksbank Lüneburger Heide eG hat mittlerweile fast 75 000 Mitglieder und allein in den vergangenen drei Jahren 8000 hinzugewonnen. Also alles bestens, signalisieren die Zahlen, doch in den Vorstandsbüros wird trotzdem darüber nachgedacht, wie es gelingen kann, auch in Zukunft den direkten Draht zum Kunden nicht nur zu halten, sondern sogar noch auszubauen. Wie ist es zu schaffen, im Bewusstsein der Kunden zu bleiben, wenn künftig immer mehr Menschen ihre Standardbankgeschäfte online auf dem heimischen Sofa erledigen? Das ist die Frage, die eine ganze Branche bewegt.

Cord Hasselmann: „Wir haben in Sprötze und Ramelsloh im Landkreis Harburg sehr erfolgreich ein Konzept mit Partnern umgesetzt und unsere Filialen mit den dortigen Edeka-Supermärkten kombiniert.“ Kurz: Die Volksbank geht dorthin, wo sich die Menschen im Umfeld aufhalten. Ergebnis: „Wir haben sehr gute Zuwächse erzielt – sowohl im Einlagen-, als auch im Kreditgeschäft“, sagt Gerd-Ulrich Cohrs. In Stelle soll nun das nächste Projekt nach diesem Muster umgesetzt werden, das allerdings kein Patentrezept für jeden Standort ist, wie Cord Hasselmann betont: „In Lüneburg wollen wir im August eine neue Filiale im Neubaugebiet Ilmenaugarten einweihen. Nicht in Verbindung mit einem Supermarkt, aber auf der stark frequentierten Strecke zwischen Bahnhof und Innenstadt. Dort entsteht unsere Filiale der Zukunft.“ In Dahlenburg konnte die Volksbank ihre Filiale dadurch beleben, dass attraktive Mieter ins Haus einzogen. Hasselmann: „Wir kennen die Orte. Und wir kennen die Menschen. Jeder Fall liegt etwas anders, wir suchen die individuelle Lösung.“

Die Volksbank Lüneburger Heide eG beschäftigt etwa 600 Mitarbeiter, hat eine Bilanzsumme von 3,2 Milliarden Euro, verzeichnete im zurückliegenden Geschäftsjahr ein Wachstum von 6,5 Prozent und umfasst ein riesiges Gebiet, das im Norden bis in den Landkreis Ludwigslust (Mecklenburg-Vorpommern) und im Süden runter bis Schwarmstedt reicht. Von dort ist es nicht mehr weit bis Hannover. Eine Besonderheit: Auch in Hamburg hat die Volksbank Lüneburger Heide eG als Folge einer Fusion eine Filiale – in Neuenfelde. 50 Filialen sind es insgesamt, wobei es durch die Bauvorhaben vereinzelt zu einer Konsolidierung kommen dürfte.

„MyPiggy“ im Anflug

Das Thema Digitalisierung ist auch in der Zentrale in Winsen ein Thema. Cord Hasselmann: „Dazu das Stichwort Omnikanal: Der Kunde entscheidet, wie er mit uns in Kontakt treten möchte – per App, per Social Media, per Mail, per Telefon oder eben ganz direkt von Angesicht zu Angesicht. Digitalisierung ist ja kein Hexenwerk, sondern nichts anderes als ein Medium. Wenn es aber um die Vergabe von Krediten geht, dann besprechen wir das lieber direkt mit unseren Kunden. Wir möchten es vermeiden, dass sich jemand finanziell übernimmt. Im Gegenzug sind wir grundsolide: Wir verkaufen grundsätzlich keine Kredite, sondern bleiben verlässlicher Partner und unterstützen, auch wenn es mal schwierig wird.“ Junge Kunden erreicht die Volksbank Lüneburger Heide eG mit den neuen Medien: Noch in diesem Jahr will sie mit „MyPiggy“ das erste digitale Sparschwein auf den Markt bringen, ein Produkt, das in einem Innovationslabor der Volksbanken entwickelt wurde.

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Ein Thema, das Cord Hasselmann besonders am Herzen liegt, ist die Ausbildung: „Wir haben hier aktuell 45 Azubis und bilden unseren eigenen Nachwuchs aus. Dadurch bleiben wir jung. Die jungen Leute sitzen in den Arbeitsgruppen, geben Impulse und sind mit den Mitarbeitern im Austausch. Unsere Azubis werden von Cynthia Ferdinand und Andrea Pistorius ausgewählt und betreut.“ Er selbst verbringt mit jedem Azubi einen halben Tag: „Wenn Sie wissen wollen, was in der Bank los ist, fragen sie einen Azubi.“ Oder man gehe direkt zum Vorstand: Jeden Morgen ist Mitarbeiter-Sprechstunde: „Unsere Türen stehen offen.“

„. . . fragen Sie  einen Azubi“

Weitere Impulse bekommt die Volksbank über die jeweils etwa zehnköpfigen Regionalräte in den zehn Regionalbereichen: „Das ist unser Resonanzboden. Dort erfahren wir, was unsere Mitglieder und Kunden bewegt.“ In den Regionalräten sitzen engagierte Menschen vor Ort, die quasi berufen werden – Unternehmer, Lehrer, Vertreter des öffentlichen Lebens. Und in jedem Fall Genossen . . . wb

Web: www.vblh.de