So inspiriert der Flugzeugbau das Handwerk

Thema Bad: Hartmann Haustechnik führt industrielle Modulbauweise ein

Rainer Kalbe steht vor bereits vormontierten Modulen, die in der Werkstatt am König-Georg-Stieg in Wilhelmsburg für Bäder in einer Reihenhauszeile vorbereitet worden sind. Fotos: Wolfgang Becker

Rainer Kalbe steht vor bereits vormontierten
Modulen, die in der Werkstatt
am König-Georg-Stieg in Wilhelmsburg
für Bäder in einer Reihenhauszeile
vorbereitet worden sind.
Fotos: Wolfgang Becker

Das Zusammenfügen vormontierter Bauteile ist im Flugzeugbau gängiger Standard. Mehr noch: Wenn ein Airbus gebaut wird, kommen die einzelnen Komponenten oft aus ganz Europa, um in der Endlinie zu einem Flugzeug „verheiratet“ zu werden, wie es so schön heißt. Was hier angeliefert wird, muss millimetergenau passen. Was im Großen für Rumpfteile, Flügel, das Seitenleitwerk und die Turbinen gilt, setzt sich in der Kabine fort. Die Sanitäreinrichtungen oder auch die Bordküchen werden je nach Typ und Kundenvorgabe häufig als fertige Module am Stück geliefert und im Flieger montiert. Rainer Kalbe, Inhaber von Hartmann Haustechnik und unter anderem Spezialist für den Bau von hochwertigen Bädern, hat sich von dieser industriellen Fertigungsweise inspirieren lassen: Er montiert ganze Badinstallationen eins zu eins in der Werkstatt und reduziert den Handwerkereinsatz beim Kunden auf wenige Tage.

Wer jemals ein Bad saniert hat, der weiß: Das dauert. Zunächst müssen die alten Komponenten entfernt, möglicherweise Anschlüsse verlegt sowie Fußboden und Wände vorbereitet werden. Im schlimmsten Fall werden sogar Wände versetzt.

: „Um diese Arbeit kommt man nicht herum, aber wenn wir anfangen, das alte Bad zu demontieren, steht das neue bereits fix und fertig in der Werkstatt. So reduzieren wir den Einsatz beim Kunden auf ein Minimum.“

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Wenn es gut läuft, ist die Sanierung nach zwei, drei Tagen abgeschlossen – ein Quantensprung, denn eine herkömmliche Badsanierung mit neuen Fliesen und allem Drum und Dran kann gut und gerne auch mal zwei Wochen und mehr in Anspruch nehmen. Kalbe: „In der Industrie wird schon seit langem mit Modulen gearbeitet. Nicht nur beim Flugzeugbau, auch beim Fahrzeugbau ist das üblich. Niemand montiert ein Armaturenbrett im Auto. Die Komponente wird am Stück eingesetzt. Diese Arbeitsweise ist, abgesehen vom Möbelbau, im Handwerk eher selten zu finden. Wir bieten Modulbauweise jetzt an.“

Es kommt auf den Millimeter an

Konkret heißt das: In der Werkstatt am König-Georg-Stieg in Wilhelmsburg werden Metallgestelle auf Maß gebaut und mit der Installation versehen. Das Bad wird komplett aufgebaut und montiert. Die Verkleidungsplatten (zum Beispiel Wedi-Platten auf Styrodurbasis) werden millimetergenau angepasst und mit den nötigen Bohrungen beispielsweise für einen Wasseranschluss versehen. Großformatige Fiesen werden beim Hersteller vorbestellt und passgenau geliefert. Kalbe: „So vorbereitet, brauchen wir für die Montage vor Ort nur einen Tag.“ Allerdings sind die Vorarbeiten absolut wichtig: Die Flächen müssen glatt und exakt vermessen sein. Der Sanitärmeister: „Die Herausforderung bei dieser Arbeitsweise: Wie schaffen wir möglichst unauffällige Übergänge zwischen den Modulen und zu den Wänden.“

Ob die Modulbauweise sinnvoll angewendet werden kann, ist auch von den Räumlichkeiten abhängig. Pro Modul sollte ein Gewicht von 100 Kilo nicht überschritten werden, und außerdem muss jedes Teil durch die Tür passen. Das in der Werkstatt komplett vormontierte Bad wird anschließend in einzelne Module zerlegt und auf die Baustelle transportiert. Dort befindet sich – um in der Sprache des Flugzeugbaus zu bleiben – die Endlinie. Hier muss alles einwandfrei zusammenpassen.

Insgesamt erfordert die Modulbauweise eine akribische Vorarbeit, dann aber ist sie effektiver und ressourcenschonender. Rainer Kalbe: „Wir haben weniger Fahrwege, können Mitarbeiter flexibler einsetzen.“ Modulbauweise ist demnach nachhaltiger als die traditionelle Arbeitsweise. Kalbe, der auch stellvertretender Bezirkshandwerksmeister in Harburg ist. „Wir müssen uns im Handwerk neu ausrichten und schauen, inwieweit wir Industrieprozesse auf unsere Arbeit übertragen können. Das ist das Handwerk der Zukunft.“ Die Modulbauweise ist für den Auftraggeber geringfügig teurer, erspart aber viele Unannehmlichkeiten, weil die Bad-freie Zeit deutlich reduziert wird, indem das Projekt perfekt durchgeplant wird. Noch ein Vorteil: Es lassen sich verschiedenste Materialien verwenden – Glas, großformatige Fliesen, Stein. Sogar Badmöbel vom Tischler können entsprechend integriert und mit den Fliesen zu einem einheitlichen Bild verschmolzen werden.

 Web: www.hartmann-haustechnik.info

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