Die Schimmel-Falle

Rainer Kalbe zeigt einen flexiblen Lüftungsschlauch, mit dem eine zentrale Be- und Entlüftungsanlage mit den einzelnen Räumen verbunden wird. Foto: Wolfgang Becker

Rainer Kalbe (Hartmann Haustechnik) über Energiespar-Aktionen mit Nebenwirkungen.

Frieren für die Ukraine? Im Sommer war dieser Gedanke als Folge des Gasverzichts für viele Menschen eine Selbstverständlichkeit, doch nun werden die Tage nach einem ungewöhnlich warmen Herbst doch etwas „schattiger“, will heißen: kälter.

Mit dem Gassparen ist das dann so eine Sache. Und doch haben nicht nur staatliche Stellen die 19-Grad-Parole herausgegeben, auch viele Privathaushalte versuchen, angesichts der drohenden Preissteigerungen für Gas an der Temperaturschraube zu drehen, um ganz im Sinne der Regierung zu sparen. Das geht so weit, dass ganze Räume nicht mehr beheizt werden – mit möglicherweise fatalen Folgen, wie Rainer Kalbe, Inhaber von Hartmann Haustechnik (Heizung Lüftung, Klima, Sanitär) und stellvertretender Harburger Bezirkshandwerksmeister, im B&P-Gespräch erklärt. Die größte Gefahr, die in kühlen Räumen lauert: Schimmelbildung.

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„Dem liegt ein einfacher physikalischer Effekt zugrunde“, sagt Rainer Kalbe. „Warme Luft kann mehr Feuchtigkeit binden, die dann beim Lüften entweicht. Kalte Luft bindet ab einer gewissen Temperatur deutlich weniger Feuchtigkeit, die dann irgendwo kondensiert und zu den berühmten ‚spakigen Fensterlaibungen‘ führt.“ Gemeint ist Schimmel. Und das klingt schon deutlich ungesünder. Laut Rainer Kalbe gibt es zwar eine Reihe verschiedener Schimmelarten mit unterschiedlichem Gefährdungspotenzial, aber wenn die Fensterrahmen und angrenzenden Wandbereiche schwarz werden, ist das an sich schon ein Alarmzeichen.

Ab 15 Grad wird es kritisch

Der Fachmann weiter: „Am Fenster merken wir es zuerst, weil dort die Kältebrücken zu finden sind. Insbesondere bei älteren Häusern. Schlimmer ist es allerdings, wenn sich der Schimmel dort bildet, wo die Luft nicht zirkulieren kann – zum Beispiel hinter dem Schrank. Das passiert schnell, wenn ich Räume nicht mehr ausreichend beheize – beispielsweise unter 15 Grad – und auch nicht entsprechend lüfte.“ Schimmel an der Wand ist ein Fall für den Maler, der dann als Sanierer hinzugerufen wird. In manchen Fällen drohen aufwendige Sanierungen, wenn sich der Schimmel beispielsweise hinter vertäfelten Wänden ausgebreitet hat.

Was also ist zu tun? „Sparen um jeden Preis kann sonst sehr teuer werden. Wer die Temperatur senkt, um Gas zu sparen, der muss für eine ausreichende Belüftung sorgen. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten, von denen eine in vielen Haushalten schon vorhanden ist: die Dunstabzugshaube in der Küche. Sie befördert Luft, allerdings auch Wärme, zumeist direkt nach außen. Auch in vielen Bädern sind ähnliche Entlüftungen installiert. Wird Luft nach außen befördert, strömt Luft aus anderen Räumen oder von außen nach.“

Diesen Effekt kann man allerdings steuern. Eine Lösung ist die dezentrale Lüftungsanlage, die Raumluft nach außen abgibt und die Wärme in Keramikelementen speichert, um diese im Gegenzug beim Ansaugen von Frischluft wieder nach innen abzugeben. Beides passiert in Wechsel von vergleichsweise geringen Zyklen, quasi im Minutentakt. Eine andere Lösung ist die zentrale Lüftungsanlage, die entweder beim Hausbau eingeplant wurde oder nachgerüstet werden kann.

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Rainer Kalbe: „Eine kontrollierte Be- und Entlüftung besteht aus einem zentralen Gerät, das sich nachträglich in ein Haus oder eine Wohnung einbauen lässt. Es handelt sich um einen flachen Kasten, der etwa 20 Zentimeter hoch ist und unter der Decke im Flur montiert werden kann, bestenfalls über einer abgehängten Decke. Von dort aus sind es kurze Wege in die Räume und nach

außen. So erreiche ich jedes Zimmer und kann nun Luft entnehmen und wieder zuführen. Natürlich ist der Einbau ein individuelles Thema, aber über einen echten Wärmetauscher kann ich beispielsweise die entnommene Wärme aus den Räumen zu 95 Prozent rückgewinnen. Diese Systeme haben zudem einen Filter, was für Allergiker interessant ist.“ Das klingt alles recht aufwendig, schützt aber vor Schimmelbildung und sorgt für ein gutes Raumklima. Kosten des Geräts: rund 3500 Euro plus Montage und Material (für die Rohrleitungen). Auf diesem Sektor des Handwerks sind laut Rainer Kalbe derzeit noch keine Materialengpässe zu bemerken.

Klimaanlage mal andersherum

Er registriert zudem eine steigende Nachfrage nach Klimaanlagen, „die eigentlich im Sommer kühlen sollen, aber im Winter auch heizen können. Das sind kleine Wärmepumpen, die allemal effizienter als ein Heizlüfter arbeiten. Mit einer Klimaanlage kann ich einen normal großen Raum durchaus wärmen. Das hilft auf jeden Fall, falls es zu Gasengpässen kommen sollte. Und: Aus einem Kilowatt Strom kann ich so drei bis vier Kilowatt Wärme erzeugen. Das kann ein Heizlüfter nicht.“ Das große Umdenken hat aus seiner Sicht längst begonnen. Für 7000 Euro lässt sich eine Klimaanlage einbauen, die aus drei Geräten (für drei Räume) und einem Außengerät besteht. Rainer Kalbe: „Klingt irgendwie paradox, aber im Sommer kann ich damit auch Räume kühlen… “ wb

>> Web: www.hartmann-haustechnik.info