Doppelzimmer mit Frühstück gefällig?

Hier geht es um den Harburger Hotel-Boom: B&P-Redakteur Wolfgang Becker (links) im Gespräch mit Baudezernent Jörg Heinrich Penner und Citymanagerin Melanie-Gitte Lansmann. Foto: Sophio Konjaria-Christian

Hotel-Boom in Harburg: Baudezernent Jörg Heinrich Penner und Citymanagerin Melanie-Gitte Lansmann finden: Das wird höchste Zeit!

Etwa drei Jahre ist es her, dass der Bezirk Harburg erstmals in Verbindung mit dem Hamburger Städtetourismus gebracht wurde. Mittlerweile ist Tourismus eine der fünf Kernkompetenzen des Harburger Citymanagements (siehe auch Seite 19) und ein Thema, das indirekt auch das Bauamt beschäftigt. Grund: Zurzeit übertreffen sich die Investoren und Projektplaner gegenseitig mit Neubauplänen. B&P sprach über diese auffällige Entwicklung mit Harburgs Baudezernent, Jörg Heinrich Penner, und Citymanagerin Melanie-Gitte Lansmann. Beide kommen zu dem Schluss: „Höchste Zeit, dass endlich was passiert – Harburg ist als Hotelstandort völlig unterrepräsentiert.“

Kurz: Die jüngsten Aktivitäten werden durchaus positiv begleitet, auch wenn nicht ganz klar ist, ob am Ende alle Pläne auch tatsächlich realisiert werden. Penner: „Doch selbst wenn das gelingen sollte, ist das keineswegs zu viel für den Standort. Das sogenannte Klumpen-Risiko ist gar nicht so schlimm.“ Der Begriff „Klumpen-Risiko“ dürfte in Hoteliers-Kreisen zwar etwas ungewohnt klingen, er meint aber lediglich die Ansammlung gleicher Gebäudenutzungen an einem Ort.

Anzeige

Dieser Ort ist konkret der Harburger Binnenhafen. Hier plant die Lorenz Gruppe den Bau eines Vier-Sterne-Hotels auf der ehemaligen Beachclub-Fläche am Lotsekanal. Frank Lorenz bestätigt auf Nachfrage: „Das Projekt ist nach wie vor aktuell.“ Die Zahl der Zimmer wird mit 2XX angegeben. Das mit 600 Zimmern „größte Hotel Hamburgs“ will nur wenige 100 Meter entfernt der Harburger Unternehmer, Investor und Channel-Begründer Arne Weber an den Kanalplatz stellen. Das HIP Hotel Hamburg soll mit niedrigem Einstandspreis sowohl Geschäftskunden als auch Touristen beherbergen. Das Konzept ist einmal mehr quergedacht, funktioniert aber laut Weber nur, wenn die Hansestadt den Einsatz einer Schnellfähre vom Harburger Anleger Dampfschiffsweg zu den Landungsbrücken genehmigt. Laut Baudezernent Penner sollen Tests in diesem Herbst stattfinden. Die Fähre soll bis zu 20 Knoten schnell sein und die Strecke binnen 20 Minuten schaffen – schneller als jedes andere Verkehrsmittel.

Für viele Marktbeobachter völlig überraschend hat der Projektentwickler Imentas ein weiteres Hotelprojekt angeschoben: Die Familie Mönke plant an der Blohmstraße den Bau Aqua2 Dock, zu dem auch ein 166-Zimmer-Hotel des Hamburger Unternehmens Novum Hospitality zählen wird. Name: „the niu Quay“. Baustart: im kommenden Jahr. Ein weiteres Hotel mit 142 Zimmern baut die Hamburger aestate Immobilienentwicklung AG an der Harburger Schloßstraße und integriert dazu eine echte Harburgensie: das Gasthaus „Der Goldener Engel“. Der Bauantrag ist eingereicht.

Im Zwei- und im Vier-Sterne-Bereich plant auch die CG-Gruppe Hotels im Kontext des Neuländer Quarrees am Östlichen Bahnhofskanal. Penner: „Das ist bereits recht konkret.“ Last not least: stilwerk-Inhaber Alexander Garbe hat das Hotel Hamburg Blick in Hausbruch übernommen (siehe Seite 5/Immobilien-Special) und plant dort ein Design-Hotel mit 100 Zimmern.

Macht unter dem Strich: Rund 1500 neue Hotel-Zimmer in den nächsten Jahren – wenn alle Projekte umgesetzt werden. Das wäre das Dreifache des aktuellen Bestands von etwa 550 Zimmern. Melanie-Gitte Lansmann: „Das ist völlig in Ordnung – nur ein weiteres Hotel zusätzlich wäre nicht ausreichend.“ Zurzeit finden sich in Harburg das gehobene Privathotel Lindtner in Heimfeld und das Hotel Panorama am Harburger Ring mit nennenswerter Größe. Darunter gibt es noch ein halbes Dutzend kleiner Häuser mit zehn bis 30 Zimmern. Penner: „Das recht neue B&B-Hotel am Karnapp ist ständig ausgebucht. Ich habe damals dazu geraten, ein Stockwerk mehr zu bauen, doch da fehlte der Mut.“ Penner sieht den zu erwartenden Zuwachs gelassen: „Nur fünf Prozent der Hamburger Hotels sind in Harburg. Denken wir uns Hamburg mal weg, hätten wir hier eine Stadt mit 165 000 Einwohnern – und nur 500 Hotelzimmer. Da geht also noch etwas. Und denken wir uns Hamburg mal wieder dazu, ist das doch eine wesentliche Verbesserung der wirtschaftlichen Kalkulationsgrundlage für jeden Hotelbetreiber.“ Und weiter: „Zudem bietet Harburg maritimes Flair, also eine hohe Attraktivität, und ist hervorragend zu erreichen – außer vielleicht von Fuhlsbüttel. Aber mal ehrlich: Zum Hamburger Flughafen brauchen wir von Harburg aus eine Stunde. Zu den Flughäfen nach Hannover oder Bremen ebenso. Das ist doch eine häufig kostengünstige Alternative für den Flug in den Urlaub?“

Auch unter Tourismus-Gesichtspunkten liegt Harburg ideal. Davon ist die Citymanagerin überzeugt: „Harburg ist auch für Busreisende, die Hamburg besuchen wollen, perfekt gelegen. Zudem verliert beispielsweise der Landkreis Harburg immer mehr Landhotels. Die Niedersachsen freuen sich, wenn in Harburg Hotels entstehen. Das wurde uns am Runden Tisch signalisiert.“ Und: „Harburg liegt am Switchpoint: Wer hier ins Hotel geht, hat die Wahl: Stadtbesuch in Hamburg-City, Wandern in der Nordheide oder Kinderbelustigung im Wildpark – wir bieten alles.“ Kritikern hält sie entgegen: „Harburg wird ganz sicher nicht zur Touri-Stadt – das verläuft sich. Aber Gäste von außerhalb kommen Harburg zu gute. Sie beleben das Geschäft und sorgen für Umsätze. Davon profitieren alle.“ Auch Penner sagt: „Von Über-Tourismus sind wir weit entfernt.“

Anzeige

Ginge es nach dem Baudezernenten, wäre eine Fährverbindung nach Hamburg-City eine ideale Transportmöglichkeit. Der Anleger am Dampfschiffsweg sollte zudem mit einem Bus erschlossen werden. Penner: „Kein Problem: Der 142er fährt schon jetzt alle zehn Minuten in den Binnenhafen.“

Melanie-Gitte Lansmann: „Das Tourismus- Thema haben wir vor drei Jahren angeschoben. Die Nachfrage nach neuen Hotels gibt uns Recht. Harburg hat immerhin einen Hotel-Entwicklungsplan, das ist ein Riesenvorteil gegenüber anderen Bezirken. Unser Motto: Den Norden aus dem Süden entdecken.“