Hamburger Volksbank steigt aktiv ins Immobiliengeschäft ein

Visualisierung: Hamburger VolksbankSo soll sich der Neubau „F10“ in die Baulücke am Mittelkanal in Hammerbrook einpassen. Hier das 80-Millionen-Euro-Investment mit 46 komplett elektrifizierten Pkw-Stellplätzen, 184 Fahrradstellplätzen und einem öffentlichen Durchgang, der von der Frankenstraße an den Kanal führt. Die kleine Lücke zwischen beiden Gebäuden soll ebenfalls gefüllt werden – mit einem innovativen Wohnturm. || Visualisierung: Hamburger Volksbank

Neue Strategie und das Bauprojekt Frankenstraße 10 in Hammerbrook 

Die Frankenstraße 10 dürfte in die Geschichte der Hamburger Volksbank eingehen. Noch wuchert auf der freien Baufläche in Hammerbrook zwar das übliche „Spontangrün“, aber mit dem Eintreffen der Baugenehmigung beginnt hier ein besonderes Kapitel der genossenschaftlichen Geschäftsaktivitäten. Mit einem Investment von 80 Millionen Euro markiert der geplante Neubau – Projektname „F10“ – einen Eckpunkt der neuen Immobilien-Strategie, mit der Dr. Reiner Brüggestrat und Thomas G. W. Steffens, Geschäftsführer der Hamburger Volksbank Immobilien- und Projektentwicklung GmbH (IPE), das in 160 Jahren Bankgeschichte aufgebaute Immobilienvermögen verdoppeln und zugleich eine aktive Rolle der Hamburger Volksbank als Investor im Immobilienbereich einnehmen. Brüggestrat, bis Ende September noch Vorstandssprecher der Bank und eine Institution der Hamburger Wirtschaft, und Steffens werden beide Geschäftsführer der Frankenstraße 10 Grundbesitz GmbH. Über ihre Strategie sprachen sie mit B&P.

Die Hamburger Volksbank ist beileibe nicht das einzige Geldhaus, das sich angesichts negativer Zinsen genötigt sieht, neue Geschäftsfelder zu erschließen. Immobilien stehen dabei besonders im Fokus, denn hier haben Banken und Sparkassen bereits einen hohen Kompetenzanteil.

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„Verwalten reicht nicht“

Dr. Brüggestrat: „Bislang haben wir uns in der Hoffnung auf eine gute Rendite auf das Investieren und Verwalten beschränkt. Wenn es gut lief, erzielte eine Immobilie über die Jahre noch eine Wertsteigerung. Aber seit drei bis vier Jahren befassen wir uns intensiv mit dem Immobilienthema und haben erkannt, dass Verwalten nicht reicht – wir vergeben damit unser Wissen. Konkret: Wenn ein Projektentwickler wegen einer Finanzierung anfragt, dann bewerten wir das Objekt, schätzen das Risiko, berechnen die nötigen Sicherheiten und begleiten die Wertschöpfung dann oft über Jahre – als Zuschauer. So kam im Gespräch zwischen Thomas Steffens und mir irgendwann die Frage auf: Warum werden wir nicht selbst Akteur?“ Und dann startete die Diskussion, die Brüggestrat augenzwinkernd so zusammenfasst: „Wir haben uns richtig gefetzt. Aber auf dem Bau herrschen nun mal rauere Sitten.“

Mit dem Bausachverständigen Burkhard Hinz stieß ein technikaffiner Kollege der Volksbank dazu. Da das Bauen nicht zu den Aufgaben einer Bank gehört, wurde als 100-prozentige Tochter der Hamburger Volksbank bereits frühzeitig die IPE gegründet – sie bildet den rechtlichen Rahmen für die nun beabsichtigten Investitionsvorhaben.

Projektentwicklung mit DWI

Zum Start hat sich das Trio gleich an einen wirklich dicken Brocken herangewagt, der in direkter Nachbarschaft der an der Hammerbrookstraße gelegenen eigenen Zentrale gebaut werden soll. Projektentwickler ist die Hamburger DWI-Gruppe, die in Kooperation mit der Hansestadt ein markantes Gebäude mit Büro- und Wohnflächen zwischen Frankenstraße und Mittelkanal entwickelt hatte und sich in der Planungsphase natürlich auch mit den Nachbarn auseinandersetzen musste. Kurz: Die Hamburger Volksbank hat das Grundstück von DWI erworben und setzt nun mit dem Verkäufer dessen Projektentwicklung als Bauherrin um. Das Controlling übernimmt die IPE. Dr. Brüggestrat wird der Volksbank als Mit-Geschäftsführer der Frankenstraße 10 Grundbesitz GmbH auch nach dem Eintritt in den Ruhestand in aktiver Rolle vorerst erhalten bleiben und dafür Sorge tragen, dass „F10“ ein Meilenstein in „Hammerbrooklyn“ wird. Der Neubau wird Büros und Mietwohnungen im Flächenverhältnis sieben zu drei bieten. Brüggestrat: „Die Hamburger Volksbank versteht sich als Teil von Hammerbrooklyn und will sich auch an der agilen Quartiersentwicklung beteiligen. Als Bauherren können wir nun Einfluss nehmen und beispielsweise dafür sorgen, dass in dem Objekt ‚F10‘ Flächen für Start-ups, bevorzugt aus dem Bereich der Fintechs, reserviert werden. Daraus können sich Synergieeffekte für die Hamburger Volksbank ergeben. Hier ist Phantasie gefragt, wie sich das am besten realisieren lässt. Eine Idee ist, dass wir dazu beispielsweise unseren Kundenbeirat involvieren und einzelne Mitglieder einladen, mit uns den ‚Gatekeeper‘ zu übernehmen.“ Fertigstellung des Gebäudes soll 2023 sein. „F10“ ist der Einstieg der Hamburger Volksbank in das aktive Immobiliengeschäft. Da die Bank im Zuge der Corona-Krise 15 Filialen, darunter zehn im Eigentum, stillgelegt hat und auch nicht wiedereröffnen wird, ergeben sich allein daraus weitere Projekte, die in den kommenden Jahren umgesetzt werden sollen. Thomas G. W. Steffens: „Etwa die Hälfte der Standorte eignet sich für eine Projektentwicklung und zur Erweiterung des Immobilienbestandes. Darauf haben wir exklusiv Zugriff.“

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Dr. Brüggestrat: „Uns ist bewusst, dass die Immobilienbranche ein Haifischbecken ist. Wir sind sozusagen ein Nachwuchshai. Wir werden uns nicht beißen lassen und von den großen Haien lernen, um ein eigenes kleines Revier zu bilden.“ Und weiter: „Ich bin ja gar kein Banker, ich bin Unternehmer. Oder ein unternehmerischer Banker. Wir haben mit den Herren Steffens und Hinz doch die Expertise im Haus, also musste ich etwas unternehmen. Die Regulatorik des Bankwesens schafft allerdings eine gewisse Atemlosigkeit. Daran wollten wir nicht ersticken – deshalb ist die IPE ein Befreiungsschlag, der uns auf einem neuen Feld handlungsfähig macht.“ 

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