Rückwirkende Steuerfreiheit von Schenkungen unter Ehegatten

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Bei Vermögensübertragungen Schenkungssteuer?

Von Tim Wöhler

Oft nehmen Ehegatten, die im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, im Laufe der Ehe erhebliche Vermögensübertragungen untereinander vor. In vielen Fällen sind sie sich nicht der Tatsache bewusst, dass unentgeltliche Zuwendungen unter Eheleuten auch schenkungsteuerpflichtig sein können. Der Freibetrag innerhalb eines Zehnjahreszeitraums beträgt hierbei 500.000 Euro. Wird der diesen Wert übersteigende Teil nicht erklärt, machen sich die Eheleute strafbar.

Die sogenannte Güterstandsschaukel ist eine steuerliche Gestaltungsmöglichkeit, die es vermögenden Eheleuten ermöglicht, dem Ehegatten, der während der Ehe deutlich weniger Zugewinn erzielt hat, Vermögenswerte zukommen zu lassen, ohne dass Schenkungsteuer ausgelöst wird. Hierzu wird der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft zunächst durch notariell zu beurkundendem Ehevertrag aufgehoben, Gütertrennung vereinbart und der entstandene Zugewinn ausgeglichen. Nach Ablauf einer Schamfrist können die Eheleute wieder zum gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft zurückkehren.

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Im Zeitpunkt der Herbeiführung der Gütertrennung haben die Ehegatten (mit einigen Ausnahmen) jeweils die Hälfte jenes Zugewinns in Geld herauszugeben, den sie während des Bestands der ehelichen Zugewinngemeinschaft angesammelt haben. Im Einzelnen: Ein Ehegatte hat während seines Berufslebens ein Vermögen erwirtschaftet, wohingegen sich der andere um Haushalt und Familie gekümmert hat, ohne eigenes Einkommen erzielt zu haben. Die Hälfte der Differenz des erarbeiteten Vermögens steht dem anderen Ehegatten als Zugewinnausgleich in Geld bei Beendigung der Zugewinngemeinschaft und damit auch bei vertraglicher Begründung der Gütertrennung zu.

Warum nicht auf die Schaukel?

An dieser Stelle kann die Steuergestaltung einsetzen. Denn mit § 5 Abs. 2 ErbStG stellt der Gesetzgeber den Zugewinnausgleich schenkungsteuerfrei. Die Eheleute „schaukeln“ durch Ehevertrag in die Gütertrennung hinein und übertragen in diesem Zuge schenkungsteuerneutral Vermögen auf den minderbegüterten Ehepartner, was zu Zeiten der Zugewinngemeinschaft hohe schenkungsteuerliche Belastungen ausgelöst hätte. Nach Ablauf einer Schamfrist kehren die Eheleute durch weiteren Ehevertrag zurück in die Zugewinngemeinschaft.

Es kommt noch besser: § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG lässt eine bereits entstandene Steuer mit Wirkung für die Vergangenheit erlöschen. Das heißt, die Begründung der Gütertrennung und der damit einhergehende Zugewinnausgleich heilen die steuerlichen Folgen von unentgeltlichen Vermögensübertragungen vom finanziell besser gestellten Ehepartner auf den finanzschwächeren Partner rückwirkend. Sollte etwa aus einem auf den finanziell stärkeren Ehegatten lautenden gut gefüllten Bankkonto ein Und-Konto beider Ehegatten geworden sein, verschwindet das steuerstrafrechtliche Problem der nicht angezeigten Schenkung auf elegante Weise.

Gleiches gilt für Fälle, in denen der vermögendere Ehepartner Immobilien gekauft und bezahlt hat, der finanzschwächere Partner jedoch ebenfalls ins Grundbuch eingetragen worden ist. Auf diese Weise verkürzte Schenkungsteuer erlischt bei diesem Szenario zumindest bis zur Höhe des Zugewinnausgleichs rückwirkend. Diese Gestaltung lässt die vollendete Hinterziehung von Schenkungsteuer und damit alle strafrechtlichen Probleme rückwirkend entfallen. Sollte mehr als der Zugewinnausgleich übertragen worden sein, ist der steuer(strafrecht)lich zu würdigende Betrag immerhin deutlich vermindert worden. Die Güterstandsschaukel spart die gesamte Schenkungsteuer und schützt vor der Verurteilung durch die Strafgerichte.

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Tatsächlich scheint in der jüngeren Vergangenheit ein Umdenken in der Finanzverwaltung und auch bei den Gerichten stattgefunden zu haben. So hat das Finanzgericht Hessen (Az.: 10 K 477/17) in 2018 entschieden, dass das Finanzamt in einem Fall wie dem oben geschilderten zu recht Hinterziehungszinsen nach § 235 AO festgesetzt hat, obwohl der Steueranspruch mit Wirkung für die Vergangenheit erloschen ist. Im Ergebnis zahlen die Steuerpflichtigen zwar keine Schenkungsteuer, werden jedoch auf der Zinsebene wie Steuerhinterzieher behandelt.

Die Entscheidung, Steueransprüche, die es nicht (mehr) gibt, seien zu verzinsen, ist zwar denklogisch kaum nachvollziehbar. Gleichwohl ist dieses Urteil rechtskräftig geworden. Eine Entscheidung des BFH hierzu und damit Klarheit wird es sobald nicht geben, da das Urteil nicht angegriffen worden ist, obwohl das Finanzgericht die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung ausdrücklich zugelassen hatte. Es ist zu befürchten, dass sich die Finanzämter den dogmatischen Kunstgriff des FG Hessen zu Eigen machen und in Zukunft Hinterziehungszinsbescheide auf vergleichbare Altfälle erlassen.

Das kann teuer werden

Sollte dieses Vorgehen der Finanzbehörden Schule machen, kann es für die Steuerpflichtigen sehr teuer werden. Zum einen wird in solchen Fällen die erloschene Schenkungsteuerlast tendenziell eher hoch gewesen sein. Zum anderen schlägt der Hinterziehungszins mit zurzeit sechs Prozent pro Jahr zu Buche. Darüber hinaus liegen die betroffenen Schenkungsvorgänge häufig lange Zeit zurück. Da die Festsetzungsverjährung nicht zu laufen beginnt, bevor das Finanzamt Kenntnis von der Schenkung erlangt hat oder der Schenker gestorben ist, kann die Zinsbelastung enorm sein.

Vor dem Hintergrund, dass die Strafverfolgungsbehörden permanent nach strafschärfenden Auslegungen bestehender Gesetze suchen und die Strafgerichte dieser Tendenz gern folgen, steht zu befürchten, dass das beschriebene Schlupfloch in nicht allzu ferner Zukunft geschlossen wird.

Fazit:

Solange der Wechsel des Güterstands noch seine derzeitige vollumfängliche Wirkung entfaltet, sollten Nachmeldungen, die dem Finanzamt gegenüber die Gütertrennung und den Zugewinnausgleich offenbaren, so vorbereitet sein, dass sie auch den Anforderungen einer steuerlichen Selbstanzeige standhalten.

Fragen an den Autor? twoehler@dierkes-partner.de l Accent 3;\lsd