Stürmische Zeiten

Martin MahnMartin Mahn, Geschäftsführer Tutech Innovation und Hamburg Innovation

Von Martin Mahn, Geschäftsführer der Tutech Innovation GmbH und der Hamburg Innovation GmbH

Von einem lauen Lüftchen ist hier heute nicht die Rede. Eher von einem ausgewachsenen Orkan. Mehreren. Und sonstigen Naturgewalten, die Mutter Erde auf Lager hat. Keine Heuschrecken in den letzten Jahren – dafür aber jede Menge schwarze Schwäne. Und andere Katastrophen in immer rascherer Abfolge. Überhaupt: Alles dreht viel zu schnell. Wie ein rasender Tornado. Nachrichten am Abend? Besser nicht. Weil sie den Schlaf rauben und – weil sie am nächsten Morgen meist schon wieder überholt sind. Von noch schlechteren Nachrichten. Noch heftigeren Stürmen und noch größeren Bränden. Und wenn die Naturgewalten mal kurz Luft holen, springt sofort der Mensch ein. Konflikte, Terror, Kriege. Immer direkt auf die Zwölf. Können wir mindestens so gut wie die Natur. 

Apropos Zwölf. Was meinte Hape Kerkeling neulich? „Es ist nicht fünf vor zwölf. Wir sind bereits mit dem Mittagessen durch, und der Tisch wird gerade abgeräumt.“ Recht hat er. Ob VUCA oder BANI (siehe unten), ganz egal. Die Welt ist aus den Fugen geraten. Für manche ist das eine Quelle stetiger Angst, für andere dagegen eine Quelle der Inspiration. Nämlich Dinge anders als bisher zu machen. „Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen“, räsonierte Max Frisch einst. Na dann Freunde, auf in den Sturm. Abwettern war gestern. Nur werde ich das Gefühl nicht los, wir kriegen unseren Hintern nicht mehr so richtig hoch. Weil der es sich inzwischen auf dem Sofa viel zu bequem gemacht hat. Absichtserklärungen abgeben? Gerne. Absichten umsetzen? Och nö. Da müsste man ja aufstehen. Und da haben wir wohl den kritischsten Kipppunkt. 

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Die UN-Universität hat kürzlich eine Studie vorgestellt, in der auch sie – sogenannte – Risiko-Kipppunkte beschreibt: Darunter auch Weltraumschrott. Und eine nicht mehr versicherbare Zukunft. Also ein Zustand, in dem vom Klimawandel verursachte Schäden nicht mehr versicherbar sind. Aber hieße das nicht auch im Umkehrschluss – wenn alles prima versicherbar wäre, könnten wir ja weitermachen wie bisher? Wirklich paradox. Genauso abwegig ist unsere Suche nach anderen bewohnbaren Planeten. Auf die wir uns im Fall der Fälle zurückziehen könnten. Hoffentlich finden wir keine – sonst richten wir auch die noch zugrunde. Aber da habe ich nun keine Sorge. Wird nicht passieren. Weil wir unsere Erde fast schon nicht mehr havariefrei verlassen können. Wegen des Weltraumschrotts. Unser Orbit ist eine Müllhalde. Wie die Weltmeere. Aus dem Auge, aus dem Sinn. Ein einziges Desaster. 

Bleibt uns nur zu hoffen, dass wir das mit der schöpferischen Zerstörung nicht übertreiben. So hat das Schumpeter sicher nicht gemeint. Aber denken wir positiv. Und an den Phönix aus der Asche. Handeln wir endlich. Es ist nie zu spät. Denn was wir gerade erleben, ist kein Sturm im Wasserglas.

■ Das BANI-Modell der 2020er-Jahre: Wirtschaft in einem zunehmend chaotischen Zeitalter. Das BANI-Modell beschreibt eine neue Welt, in der die alten Werte und Regeln nicht mehr gelten. 
Im VUCA-Konzept ist alles volatil, unsicher, komplex und ambivalent.